Versammlung unter Pferdeköpfen. – Der Schiltacher Flößerverein in Winsen an der Aller
Zu seiner 27. Jahresversammlung hatte die Deutsche Flößervereinigung, der Dachverband von 25 Flößervereinen und Institutionen, ins niedersächsische Winsen an der Aller geladen. Zusammen mit 14 anderen Gruppen nahm auch eine Abordnung aus Schiltach an dem Treffen teil, das alljährlich Flößereibegeisterte aus allen Teilen Deutschlands zusammenführt, zu fachlichem Austausch, persönlichem Kontakt, geselligem Beisammensein und der Abwicklung notwendiger Regularien.
Der Gastgeber, der Arbeitskreis Flößer des mitgliederstarken Winser Heimatverein, hatte als Tagungsort den „Museumshof“ ausgesucht, ein eindrucksvolles Ensemble von alten Hofgebäuden, das der Verein als Freilichtmuseum aufbaute und das heute das kulturelle Zentrum der Gemeinde bildet. Die einstöckigen Fachwerk-Klinker-Bauten mit reichem musealem und gastronomischem Innenleben tragen im Giebel zwei gekreuzte, stilisierte Pferdeköpfe, ein altes Symbol der Gefahrenabwehr und weit verbreiteter Ausdruck niedersächsischer Identität, wie auch das „Schnacken“ auf Plattdeutsch. Was wohl die Hausinschrift „Hol wiss wat du hass, denn reckt dat wiit“ bedeutet?Auch innerhalb der deutschen Flößerfamilie brauchen die Winser sich nicht zu verstecken, haben sie doch bereits legendäre Flößertaten vollbracht: Mehrere Fahrten auf Aller und Weser bis ins 140 km entfernte Bremen. Dafür bauten sie aus 100 Kiefernstämmen bis zu 30 m lange und 7 m breite Flöße, auf denen sie eine Woche unterwegs waren, wie ihre historischen Vorgänger. Es war der Holzbedarf der Hanse- und Hafenstadt Bremen, der jahrhundertelang ins Binnenland ausstrahlte. Er ließ an den Flüssen gelegene Dörfer wie Winsen zu Flößerorten werden, in denen die Männer sich dem Holztransport zu Wasser widmeten, der hier erst 1930 aufhörte.Ließ die Programmgestaltung dieses Mal keine Floßfahrt zu, so erfreuten sich die über 150 Teilnehmer nicht nur der großen Gastfreundschaft und herzlichen Verbundenheit mit den „Winser Flößern“, sondern auch eines dichten Programms, das vor allem dem Kennenlernen von Land und Leuten gewidmet war: Stadt und Schloss des nahen Celle mit seinen 500 Fachwerkhäusern, Besichtigung von Wasser- und Windmühlen, besonders eindrücklich auch der Besuch des Deutschen Erdölmuseums in Wietze, wo das erste und produktivste deutsche Erdölfeld bestand. Die in voller violetter Blüte stehende Lüneburger Heide war Ziel einer Exkursion, bei der auch die Begegnung mit dem Schäfer einer vierhundertköpfigen Herde von Heidschnucken nicht fehlte, die übrigens wieder vor zugewanderten Wölfen geschützt werden müssen. Der farbenprächtige Umzug aller Gruppen in Kluft und Tracht sowie ein von der Pastorin souverän gehaltener Festgottesdienst beschlossen einen Deutschen Flößertag, der den Teilnehmern lange im Gedächtnis bleiben wird. Dies auch aufgrund der Auftritte der Musiker der befreundeten Wolfacher Kinzigflößer, die sich im Zelt und auf der Heide in die Herzen spielten. Für alle aber gilt, was mit Kreide auf eine Tür geschrieben stand:
„Wir wünschen den Flößern allzeit gute Fahrt!“