Eine kleine Gruppe Schiltacher Flößer ist insgesamt fünf Tage in Bosnien und Montenegro unterwegs. Sie passieren mit einem Holzfloß die nicht besiedelte Tara-Schlucht auf den wilden Stromschnellen der »Tara« und »Drina«.»Ich hab ja schon einiges erlebt, aber das war außergewöhnlich«, sagte Hartmut Brückner, stellvertretender Obmann der Schiltacher Flößer unserer Zeitung auf Nachfrage. Flößerobmann Thomas Kipp und beide Familien haben zusammen mit dem befreundeten bosnischen Flößer Fikret Pendek die Flüsse »Tara« und »Drina« durch die tiefste Schlucht Europas zwischen Bosnien und Montenegro durchfahren.
Abenteuer beginnt mit altem Film
»Das Abenteuer begann eigentlich mit einem Schwarzweißfilm von 1925, der die Flößerei in der Tara-Schlucht dokumentierte«, erklärte Obmann Thomas Kipp. Der Film ist im Besitz des Schiltacher Flößervereins und begeisterte die Kameraden, doch nie hätten sich Brückner und Kipp träumen lassen, einmal selbst dort »ins Land zu fahren«. Beim internationalen Flößertreffen in Lettland 2014 lernten die Schiltacher Pendrek kennen. Dort berichttet er über sein Geschäft in der Tara-Schlucht, die die Flößer bereits aus dem Film kannten.
Einziger Flößer in Taraschlucht
Pendrek ist der einzige Flößer der die Taraschlucht mit einem Holzfloß bewältigt, dabei wenige Touristen mitnimmt und das Holz des Floßes am Zielort auch noch verkauft. Er ist in fünfter Generation Flößer und sehr erfahren in seinem Handwerk. Heute betreibt er eher »sanften Tourismus« im heutigen Durmitor-Nationalpark dort als das Holzgeschäft. In diesem Jahr trafen die Schiltacher Kameraden Pendrek ein weiteres Mal beim Flößertreffen in Lenggries. Dort tüftelten sie die gemeinsame Fahrt aus, bei der auch slowenische Flößerkameraden dabei sein wollten.
Auf zum Empfang nach Sarajevo
Die Familien Kipp und Brückner sind von Stuttgart nach Sarajevo geflogen und wurden vom bosnischen Flößerfreund in Empfang genommen. Ausgangspunkt zur vier Tage währenden Fahrt durch die rund 140 Kilometer lange Tara-Schlucht war die mit 1460 Metern höchstgelegene Stadt Montenegros, Zabljac. Das dort liegende elf Meter lange Floß, bestehend aus zehn Baumstämmen mit jeweils einem Ruder an jeder Stirnseite, wurde mit Proviant und Zelten beladen. »Die Schluchtwände reichen an manchen Stellen 1200 Meter in die Höhe. Die Flussufer sind unbesiedelt. Es gibt keine weitere Zufahrtsmöglichkeit. »Wir übernachtete deshalb in Zelten am Ufer«, erklärte Kipp.
Keine Besiedlung und damit unberührte Natur
Die kleine Flößermannschaft fuhr mit rund acht bis 15 Stundenkilometern vorbei an unberührter Natur in kristallklarem Wasser, passierte Wasserfälle, die lediglich vom Fluss aus zu sehen sind, und felsige Stromschnellen. »Das war Zentimeterarbeit, die Pendrek mit seinem Bruder Jemo durch ihre Erfahrung und gute Kenntnis des Flusses gemeistert haben«, bewunderte Kipp dessen Fertigkeiten. Den größten Eindruck aber machten die unberührte Natur und die Ruhe im Nationalpark auf Brückner. Nach insgesamt vier Floßfahrten und rund 140 Kilometern erreichten die Abenteurer ihr Ziel, die historische Holzhandelsstadt Foca. Mit einem alten VW-Bus ging es über bergige Passstraßen zurück nach Sarajevo.
Ein Video mit Fikret Pendek wird im Internet gezeigt unter http://www.youtube.com/watch?v=CXHY_Du73Cw.
Autoren:
Thomas Kipp, Wolfgang Tuffentsammer